Antizipierte Beweiswürdigung rechtfertigt Verzicht auf Anhörung nicht

(Art. 298 Abs. 1 ZPO; Art. 133 Abs. 2 ZGB): 5A_821/2013

Bundesgerichtsentscheid vom 29. August 2013.

Auf eine Wiederholung der Anhörung kann verzichtet werden, wenn die Kinder bereits in einer delegierten Anhörung im Rahmen eines Gutachtens die Möglichkeit hatten, ihren Willen zu äussern, auch wenn dieses Gutachten in einem anderen Verfahren in Auftrag gegeben worden ist. Entscheidend ist dabei, dass die Kinder zu den entscheidrelevanten Punkten Stellung nehmen konnten und das Ergebnis der Anhörung aktuell ist. Sofern aber die Kinder im Zeitpunkt der Begutachtung das relevante Schwellenalter von sechs Jahren noch nicht erreicht haben, kann nicht von einer delegierten Anhörung im rechtlichen Sinne gesprochen werden. Es geht demnach nicht um die Wiederholung der Anhörung im aktuellen Verfahren, sondern um die erstmalige Durchführung. Wurde die Anhörung sodann ausdrücklich beantragt, besteht – unter Vorbehalt der vom Gesetz genannten Ausschlussgründe – eine Pflicht, diese durchzuführen, und zwar unabhängig von der Aktualität der damaligen Abklärungen. Darauf kann auch nicht im Sinne einer antizipierten Beweiswürdigung verzichtet werden, ansonsten es zu einer vollständigen Aushebelung des Anhörungsrecht kommen würde.