Anhörung auch im Kindesschutzverfahren grundsätzlich zwingend

(Art. 9 BV; Art. 144 ZGB): 5P.392/2003

Bundesgerichtsentscheid vom 5. März 2004

Das Bundesgericht hält fest, dass es sich bei Art. 12 der UN-Kinderrechtekonvention um eine direkt anwendbare Bestimmung handle. Der Grundsatz, wonach die Kinder anzuhören sind, ist von generellem Charakter und gilt gestützt auf Art. 314 Ziff. 1 ZGB auch im Kindesschutzverfahren. Dies gelte umso mehr dann, wenn in einem von heftigen Konflikten geprägten Umfeld die Verhältnisse eines Kindes auf längere Sicht zu ordnen sind. Die Kindesanhörung ist vor diesem Hintergrund keinesfalls fakultativ, sondern grundsätzlich obligatorisch. Ausnahmesweise kann davon abgesehen werden, wenn das Alter des Kindes oder andere wichtige Gründe einer Anhörung entgegenstehen. Im vorliegenden Fall ist die Beziehung zwischen den Eltern hochgradig konfliktuel. Ein Ausnahmefall liege keiner vor, weshalb die Anhörung des Jugendlichen (im vorliegenden Fall 15 Jahre alt) angezeigt gewesen sei.