Fehler und kritische Zwischenfälle im zivilrechtlichen Kindesschutz: Wie Organisationen aus Einzelfällen lernen können!

Von: Christoph Gehrlach, Andrea Hauri & Markus Iff, Berner Fachhochschule Soziale Arbeit

Stichwörter: CIRS (Critical Incidence Reporting System), HRO (High Reliability Organizations), Kindesschutz, KESB, Fehler, Fehleranalyse, Organisation, Risikomanagement, Zwischenfälle (kritische)

Zusammenfassung: Kindesschutzfälle, in welchen ein Kind erheblich zu Schaden kommt oder sogar stirbt, sind in der Schweiz glücklicherweise selten. Die emotionale Betroffenheit der in entsprechende Fälle involvierten Personen und der Öffentlichkeit ist in solchen Fällen jeweils gross. Unter dem Druck von Medien und Öffentlichkeit erfolgen Analysen über den Verlauf solcher Geschehnisse häufig unter dem Gesichtspunkt der Schuldfrage. Diese Herangehensweise ist nachvollziehbar, entspricht dem vordringlichen Bedarf, die Rechtslage zu klären und dem grossen Druck, der Öffentlichkeit mit Antworten entgegentreten zu können. Ist es aber auch das richtige Instrument, um Lernprozesse anzustossen, aus Fehlern und kritischen Zwischenfällen zu lernen, um ähnlich gelagerte Fälle zukünftig vermeiden zu können? Der vorliegende Beitrag fordert, den Blick nach kritisch verlaufenden Kindesschutzfällen nicht primär auf die Schuldfrage sondern vielmehr auf die Frage zu richten, wie Institutionen und Netzwerke im Kindesschutz Erkenntnisse aus kritisch verlaufenden Zwischenfällen für die Ausgestaltung ihrer Organisation ziehen können. So werden in einem ersten Teil analytisch der Kontext entsprechender Fälle analysiert, bisherige Instrumente und Vorgehensweisen vorgestellt und deren Reichweite und Grenzen diskutiert. Ein grundlegendes, analytisches Modell der Fehlerentstehung im Kindes- (und Erwachsenenschutz) wird entwickelt und die Notwendigkeit der systematischen Auseinandersetzung und Analyse von kritischen Zwischenfällen und Fehlern diskutiert.

ZKE 4/2016 Seite 297 ff.